Interview zwischen André Brockstein und dem Künstler Bernhard Zweibrot.
Brockstein: Herr Zweibrot, ihre Skulpturen sind dafür bekannt, dass sie bin ins kleinste Detail bewusst ausgearbeitet wurden. Bei näherer Betrachtung eröffnet sich einem ein wahrer Mikrokosmos. Was möchten sie mit dieser Arbeitsweise erreichen?
Zweibrot: Ich möchte die Materialität offenbaren. Eisen ist mehr als ein Baumaterial. Eisen ist eine Welt. Mich interessiert nicht nur die gesamte Form an sich, sondern die Struktur des Materials im Kleinen.
Brockstein: Man sagt man kann vor ihren Skulpturen stundenlang stehen und immer wieder neues entdecken.
Zweibrot: Erst kommt die Skulptur als Ganzes. Dann kommt das Material als Fläche und in der Fläche, im Material sehen sie wieder Skulpturen – diesmal sehr kleine.
Brockstein: Eine vierdimensionale Skulptur?
Zweibrot: Nennen Sie es wie Sie wollen. Wichtig ist nur dass Sie das Material spüren. Seine Rauheit aber auch die filigranen Formen im Detail. Auch die müssen mit viel Gefühl geschaffen werden.
Brockstein: Wie lange brauchen Sie um so eine Skulptur fertig zu stellen.
Zweibrot: Lange. – Das ist ein langer Prozess, erst muss die Grundform geschaffen werden. Und bis sie wirklich so ist, bis ich mit ihr zufrieden bin können bis zu zwei Jahre vergehen. Ich schau sie immer wieder an und ändere etwas daran, dann warte ich einige Zeit und schau sie mir von neuem an. Stetiges Arbeiten an einer Sache vernebelt den Blick auf das Wahre.
Brockstein: Was meinen Sie mit „das Wahre“?
Zweibrot: Das Wahre liegt im Material. Das können sie nur spüren. Aber dann geht es erst los. Wenn die Form steht, kommen die Details. Das kann noch einmal bis zu einem Jahr dauern. Da muss man besonnen und langsam herangehen. Und dann irgendwann kommt der Tag, da weiß ich: DAS ist es. Vorher höre ich nicht auf daran zu arbeiten.
Brockstein: Kritiker werfen Ihnen vor, statt in Ihre Ausstellung könne man gleich in eine der stillgelegten Industrieanlagen gehen.
Zweibrot: Das sind diese verblendeten Kohlearbeiter, die wissen doch überhaupt nicht worum es hier geht. Für die sind Eisen und Stahl Schimpfworte!
Brockstein: Denken Sie ihre Kritiker sind nicht fähig das zu beurteilen?
Zweibrot: Wenn Sie so wollen… Bei meiner Kunst geht es um das Essentielle in der Materialität. Dazu müssen sie offen sein und vor allem ist die richtige Dosierung wichtig. Ein kompletter Raum nur aus Eisen wirkt nicht, sonst kommen die Eigenheiten des Materials nicht zur Geltung.
Brockstein: Sie meinen also weniger ist mehr?
Zweibrot: Das kann man so nicht sagen. Jede Skulptur hat ihre eigene Größe in der sie am besten wirkt. Aber es gibt eine Maximalgröße.
Brockstein: Glauben Sie, irgendwann haben sie alle Möglichkeiten ihres Materials ausgeschöpft? Früher haben Sie ja überwiegend mit Holz gearbeitet, bevor Sie sich mit Eisen beschäftigt haben.
Zweibrot: Mit beiden Materialien lässt sich bis in die Unendlichkeit arbeiten, aber ich habe letztendlich gesehen, dass sich die Materialität mehr in meinen Wesenszügen wiederspiegelt. Es harmoniert besser mit mir als das Holz.
Brockstein: Vielen Dank für das Interview!